Editorial von Birgit Stratmann
Liebe Leserinnen und Leser,
mit dem Schwerpunkt „Buddhismus und Wissenschaft“ haben wir uns dieses Mal viel vorgenommen, und naturgemäß ist unsere Artikelsammlung alles andere als vollständig. Wir hoffen trotzdem, Ihr Interesse für dieses spannende Thema zu wecken.
„Religion und Logik sind kein Gegensatz“ – das ist die feste Überzeugung Geshe Thubten Ngawangs. Gerade am Anfang des spirituellen Weges, so Geshe-la, gibt es keine Alternative zum begrifflichen Denken, da wir außerhalb davon „keine unmittelbaren Erfahrungen von tiefer liegenden Realitäten machen“. So muss es zuerst darum gehen, richtig zu denken und falsche Konzepte zu überwinden.
Viel Gesprächsstoff gibt es zwischen Wissenschaftlern und Buddhisten; der Dalai Lama pflegt seit rund 15 Jahren den Kontakt. Den Rahmen dafür bieten die „Mind and Life“-Konferenzen, die Anja Oeck in ihrem Artikel „Schnittmenge: Wissenschaft und Buddhismus“ präsentiert. Hier geht es auch um ein zentrales buddhistisches Thema: die Meditation und wie sie den Menschen verändern kann. Anja Oeck stellt neue Forschungsergebnisse dazu vor.
Eine unverzichtbare Ergänzung zu einer rein wissenschaftlich- rationalen Betrachtungsweise bietet S.H. der Dalai Lama. In seinem Vortrag auf der Wissenschaftskonferenz im Oktober 2002 in München bezeichnete er die Intelligenz als „zweischneidiges Schwert“ und forderte als Gegengewicht die Herausbildung des Mitgefühls. Lesen Sie die gekürzte Abschrift seiner Ausführungen „Mitgefühl entsteht aus Einsicht in die Wirklichkeit“.
Der Astrophysiker Trinh Xuan Thuan, in Vietnam geboren und als Buddhist aufgewachsen, plädiert dafür, Buddhismus und Wissenschaft nicht zu vermischen. In dem Interview mit Michaela Doepke, „Buddhismus und Wissenschaft – zwei Fenster zur Wirklichkeit“, spricht er über den Urknall und die buddhistische Auffassung, dass das Universum seit anfangsloser Zeit existiert, über die Ordnung im Kosmos und die Schönheit der Natur, aber auch über die Grenzen der Wissenschaft. Denn sie ist „ohne Ethik und Normen“ und kann zu allen Zwecken eingesetzt werden.
Eine besondere Nähe zum Buddhismus hat die Indologie, die sich u.a. mit den Worten des Buddha befasst. In dem Interview mit Prof. Schmithausen erfahren Sie, wie eine differenzierte historische Betrachtungsweise starres, traditionelles Wissen bereichern und sogar Fehlinterpretationen aufzeigen kann. Prof. Schmithausen kennt auch die Grenzen seiner Arbeit: Den Philologen bleibt der Geschmack des Dharma verborgen. Diesen können wir nur kosten, wenn wir Wissen und Meditation miteinander verbinden.
Wohin steuert das Tibetische Zentrum nach dem Tod unseres verehrten Lehrers und geistlichen Leiters Geshe Thubten Ngawang? Der Vorstand suchte in dieser Frage Rat bei S. H. Dalai Lama, unter dessen Schirmherrschaft der Verein steht. Über die Audienz während des Deutschlands Besuches im Mai berichtet der Präsident Michael Arpe. Seine Heiligkeit hat keinen neuen geistlichen Leiter berufen und legte mehr Verantwortung in die Hände der spirituellen Gemeinschaft im Tibetischen Zentrum.
Schwerpunkt-Thema: Buddhismus und Wissenschaft